Mittwoch, 11. November 2009

If you're going to San Francisco...


...ja, ich war da. Allerdings war ich dem lieben Scott McKenzie nicht wirklich treu, denn ich hatte keine Blumen im Haar. Dafür habe ich Udo Jürgens alle Ehre gemacht, denn zerrissene Jeans sind ja wieder in. Und die hatte ich dann natürlich auch an, als es Freitagabend in die Stadt an der Bucht ging. Außer einem Lichtermeer war zunächst einmal nichts zu sehen, denn wir sind nachts eingeflogen, aber schon beim ersten kurzen Spaziergang von der U-Bahn-Station zum Hostel fiel ein ganz gravierender Unterschied zu allen bisher besuchten US-Städten auf: Diese Stadt hat so etwas wie eine Seele, ein Karma oder Flair – wie auch immer man es nennen möchte. Denn nach der Zeit, die ich mittlerweile hier bin, vermisst man, was die Amerikaner so schön "Diversity" nennen. Besonders wenn man in Wyoming lebt.

Dazu muss ich kurz abschweifen, bevor ich weiter von SF berichte: Ich werd' hier noch zum Zyniker. Das hat zwei komplementäre Gründe. Zum einen die Umstände, zum anderen das Land und die Menschen hier. In einem Land, in dem die Häuser von außen pompös und von innen nur billiges Sperrholz sind, treffen leider auch viele Einwohner diese Analogie! Amis sind "Big in Smalltalk"; d.h. sie reden viel. Wirklich etwas zu sagen haben die Wenigsten. Und das sind dann meistens die, die Zeit im Ausland verbracht haben oder andere kulturelle Einflüsse in der Familie haben – und die lassen dann auch nur wenig Gutes an der "Kultur" hier. Zynismus und Sarkasmus sind ausgezeichnete Wege, dem entgegenzutreten, das verstehen die nämlich einfach nicht. Wie man es galant zusammenfassen kann: Der größte Unterschied zwischen Europa und Amerika? Intellect and Circumcision!

Naja, das ist nu vielleicht ein wenig überspitzt und den Amis Unrecht getan. Aber leider ist auch etwas dran. Da war es schön, ein Wochenende in einer Multi-Kulti-Stadt verbracht zu haben, der auch die riesige Zahl von Obdachlosen in ihrer Schönheit nur wenig Abbruch tut.

Freitagabend war nicht mehr viel, außer im Adelaide-Hostel einzuchecken und bei Pakistani um die Ecke zu Abend zu essen. Denn schließlich war am nächsten Morgen um 6:30 die Nacht zu Ende. Mit der Cable Car zur Fisherman's Wharf, den Blick auf Alcatraz genießen, ein U-Boot aus dem zweiten Weltkrieg besichtigen, feststellen, dass Alcatraz-Touren für Samstag komplett ausgebucht sind und sich schließlich mit Ben, Carsten und Ferdi ein Fahrrad leihen. Ja, wir sind von der Wharf hoch und dann über die Golden Gate Bridge bis nach Sausalito geradelt und in der Abenddämmerung mit der Fähre über die Bay wieder zurück. Atemberaubend. Abgerundet wurde der Tag mit einem Abendessen in Chinatown und einem kurzen Abstecher mit Ben und Nils (der aus Oldenburg ist und für ein Semester in Berkeley studiert) ins EndUp, bei Bacardi-Cola über Amerika lästern :)


Sonntag wollten die anderen mit den Fahrrädern zum Golden Gate Park, ich habe die gemütliche Route durch Downtown vorgezogen und bin an den Piers entlang, um mich um 12 mit Carsten und Ben an der Fähre nach Alcatraz zu treffen. Die Knastinsel war beeindruckend, was zum großen Teil der Audiotour zu verdanken war; auch wenn ich solche Kopfhörerführungen eigentlich nicht mag, haben die da mit den Stimmen von ehemaligen Wärtern und Häftlingen eine authentische Stimmung geschaffen. Nach Alcatraz noch fix zum Coit Tower hoch, den Sonnenuntergang anschauen und danach den Berg runter, auf der anderen Seite wieder rauf, die Lombard Street angucken (das geschlängelte Stück Straße mit Blumen rundherum). Das Cable Car brachte uns schließlich zurück zum Hostel, bevor wir im Mission District Thai Essen gegangen sind.

Der schönste Tag war aber tatsächlich Montag. Obwohl ich hier aus bestimmten Gründen nicht alles erzählen kann... Nur soviel: Carsten und ich sind morgens zum Campus nach Berkeley gefahren, um uns von Nils eine Führung durch die berühmte Uni geben zu lassen. Danach war ich noch in einer Mall, bin über die Bay Bridge gefahren, habe Treasure Island und Twin Peaks mit einem wunderbaren Blick über SF gesehen, bevor es schließlich überglücklich zum Airport ging. Dabei habe ich völlig verpeilt, Lena "tschüss" zu sagen. Die musste ihr Auslandssemester wegen Komplikationen bei den Zwillingen in ihrem Bauch abbrechen und ist von L.A. nach Deutschland zurückggeflogen. Auf diesem Wege viel Glück!

Beschlossen wurde der Tag in Fort Collins beim Italiener... Bevor es wieder in die Tristesse von Laramie, Wyoming ging. Ich will zurück nach California!